Zur Geschichte des Schachspiels:

Wann entstand eigentlich das Schachspiel ?


Lange Zeit wurde die Ansicht vertreten, daß dies gegen Ende des 5. oder zu Beginn des 6. Jahrhunderts n. Chr. der Fall war. Jedoch hat eine Expedition in Usbekistan, bei der zwei Elfenbeinfigürchen gefunden wurden, Zweifel an dieser Theorie aufkommen lassen, denn einige Fachleute sind der Meinung, daß es sich hier um Schachfiguren handelt, die sich der Periode des kuschanischen Kaisers Huwischke (2.Jh. n.Chr.) zuordnen lassen. Populär wurde das Schachspiel Mitte des 6. Jahrhunderts in Indien, das sich durch zahlreiche Legenden der alten indischen Literatur belegen läßt, von denen eine hier wiedergegeben wird.

Der König und der Weise

Ein habgieriger und grausamer König, der viele Länder erobert und an sich gerissen hatte, dünkte sich als der mächtigste Eroberer. Deshalb geriet er in Zorn, als ihm die Worte eines armen Weisen zu Ohren kamen, daß ein König ohne sein Volk nicht einen Sieg erringen könnte. Der König befahl den Weisen in seinen Palast und verkündete ihm: "Wenn Du Deine Worte nicht beweisen kannst, wirst Du hingerichtet. Eine Nacht sei Dir zum Überlegen gegönnt." Der Beweis für seine Behauptung gereichte dem Weisen zur Ehre: Er überbrachte dem König ein originelles Spiel, das Schachspiel, dessen Regeln überzeugend darlegen, daß ein König ohne Hilfe seiner Figuren (das Volk) keine Partie zu gewinnen vermag. Dem König gefiel das Schachspiel so, daß er dem Erfinder vorschlug, sich eine Belohnung zu wünschen. Wie verwundert war er allerdings, als der Weise weder Gold noch Edelsteine haben wollte, sondern lediglich Weizenkörner ! Genauer gesagt, der Weise verlangte ein Weizenkorn auf das erste Schlachtfeld, zwei auf das zweite, vier auf das dritte, acht auf das vierte und so fortlaufend immer das Doppelte an Weizenkörnern. Der König glaubte, einige Säcke Weizen würden reichen und befahl seinen Dienern, die geforderte Weizenmenge auszurechnen. Es stellte sich jedoch heraus, daß eine solche Menge nicht vorhanden war, selbst wenn die Ernte der ganzen Welt zur Verfügung stünde. So war, wie die Legende schließt, der hochmütige Herrscher wiederum beschämt.

Zuerst trug das Schachspiel in Indien den Namen Tschaturanga und hatte mit dem heutigen Schach wenig zu tun. Die Spielidee bestand nicht im Mattsetzen des Königs, sondern in der Vernichtung der Streitkräfte der Gegner. Dabei wurde ein Würfel eingesetzt und die Züge entsprechend der Anzahl der geworfenen Augen ausgeführt. Das Tschaturanga drang in der Folgezeit nach Mittelasien und in den Iran vor.

Zu Beginn des 7. Jahrhunderts entwickelte sich aus dem Tschaturanga das Schatrandsch. Nun gab es ein Spiel für zwei Personen, das äußerlich dem heutigen Schach sehr ähnlich war, jedoch andere Regeln zugrunde legte. Der Spielausgang wurde jetzt nicht mehr vom Zufall des Würfels bestimmt, sondern von der Logik und der Erfindungsgabe des Spielers. Mit der Eroberung des Irans durch die Araber sowie mit dem Aufbau eines starken arabischen Kalifates, war die Weiterentwicklung des Schatrandsch auch in anderen Ländern gegeben. Das Schachspiel kam wahrscheinlich im 9. Jh. nach Europa, nachdem die Araber in Südspanien das Kalifat von Cordoba errichtet hatten. Nach Rußland kam das Spiel unmittelbar vom Osten her im 8.-9. Jh.

Ab dem 13. Jh. wurde durch neue Regeln versucht, das Schachspiel schneller und dynamischer zu gestalten, so durften z.B. die Bauern von ihrer Ausgangsreihe aus nun auch einen Doppelschritt vornehmen. Die fast endgültige heutige Form erhielt das Schachspiel im 16. Jh., als man begann, die Rochade anzuwenden. Die ersten historischen Dokumente, die für das moderne Schachspiel von Bedeutung waren, sind zwei Handschriften aus dem 15.Jh. und das Buch von Lucena, das gegen Ende des 15.Jh. in Salamanca in Spanien entstand. Das erste Werk, in dem den Eröffnungen große Beachtung geschenkt wird, ist "Das Buch von der Erfindungsgabe und der Spielkunst im Schach", das vom spanischen Pater Ruy Lopez 1561 verfaßt wurde.

In den folgenden Jahrhunderten wurde die stufenweise Erörterung der strategischen und taktischen Probleme im Schach immer weitreichender. In zahlreichen Sprachen erschienen immer mehr Bücher, die sich damit auseinandersetzten. Von großer Bedeutung für die Entwicklung des Schachspiels war das Werk des berühmten französischen Schachspielers Francois André Philidor (1726-1795) "Die Analyse des Schachspiels". Philidor ging die Schachtheorie auf neuen Wegen an, er betrachtete die Bauern als die Seele des Spiels. Nur sie lassen Angriff und Verteidigung entstehen, ihre Position entscheidet das Schicksal des Spiels.

Der erste Weltmeister im Schach war Wilhelm Steinitz. 1886 wurde er in einem großen Match mit Johann Zukertort zum Weltmeister erklärt. Im Jahre 1894 gewann Emanuel Lasker den Weltmeisterschaftskampf gegen Steinitz und wurde damit der zweite Schachweltmeister. Diesen Titel behielt er über 27 Jahre ehe er ihn 1921 an Jose Raul Capablanca weiterreichen mußte. Inzwischen gibt es 13 Schachweltmeister und es läßt sich sagen, daß jeder Titelträger aufgrund seines individuellen Spielstils triumphiert hat. Wer die Partien dieser Spieler einmal gesehen hat, kann das leicht feststellen.

Das Schachspiel hat in den letzten Jahren sehr stark an Popularität gewonnen. Über Weltmeisterschaften, Olympiaden und große Turniere wird in den Medien mehr denn je berichtet, wobei das Internet als das modernste Instrument seine Anwendung findet. Auch die Wettkämpfe zwischen dem Computer Deep Blue und dem Menschen Kasparow standen ganz oben im Interesse des Publikums.

Ein Schachspiel ist wie ein See, in dem eine Mücke baden und ein Elefant ertrinken kann. (Indisches Sprichwort)

Quellen:
J. Awerbach, A. Kotow, M. Judowitsch "Das Schachbuch für Meister von morgen"
Kostjew "Schach lehren leicht gemacht"



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